Dorfmattsaal, Rotkreuz

Vorab bedanke ich mich sehr herzlich für die Einladung. Ich komme immer sehr gerne zu Ihnen und schätze den persönlichen Kontakt ausserordentlich. Schön finde ich auch, dass wir uns gegenseitig nichts vormachen. Das ist doch auch etwas Wertvolles.

Letztes Jahr habe ich Sie von Bildungspolitik verschont, dieses Jahr mache ich das nicht. Aber ich mache es schnell, …wie der Doktor mit der Spritze!

Im Juni ist der Bildungsbericht 2018 erschienen – seither finden sich immer wieder Zeitungsbeiträge, welche auf den Bildungsbericht Bezug nehmen. Zum Beispiel zur Frage der Chancengerechtigkeit, weil die Bildungsforschung herausgefunden hat, dass es nicht die klugen Kinder aus bildungsfernen Familien sind, die von hohen Eintrittsquoten ans Langzeitgymnasium profitieren, sondern die wohlhabenden Minderleister.

Und noch etwas ist mir bei der Lektüre des Bildungsberichts 2018 aufgefallen: Die Bildungskosten würden auch steigen, wenn wir ab sofort keinen einzigen Rappen zusätzlich für die Schule und Bildung ausgeben würden. Ganz einfach aufgrund des Schülerwachstums. 15 % mehr sollen es bis 2030 sein. Selbstverständlich wird in Zukunft aber auch mehr Geld für Schule und Bildung ausgegeben – die fortschreitende Tertialisierung lässt grüssen (ihr ist natürlich auch die Explosion der Bildungskosten in den vergangenen 10 Jahren geschuldet). Für die Zukunft lässt dies nur einen Schluss zu: Wir werden auch in Zukunft mehr Bildungsanliegen auf dem Tisch als Geld im Sack haben. Nun gibt es für das Geldproblem verschiedene Lösungsansätze, und dass unsere Lösungsansätze oft auseinander liegen, muss ich Ihnen nicht erklären.

Aber Hand aufs Herz: es gibt auch Themen, wo es Schnittmengen gibt. Und auf ein paar mögliche Schnittmengen möchte ich abschliessend noch etwas eingehen.

Wenn ich zwischen Strukturen oder Lehrpersonen wählen muss, dann investiere ich in die Lehrpersonen.
So passiert mit der Entlastungslektion für die Klassenlehrpersonen der Primar- und Sekundarstufe I sowie mit der Entlastung der Kindergärtnerinnen. Wenn wir das 2012 nicht sofort gemacht hätten, dann wäre das später zu Zeiten der Sparprogramme hochkantig gescheitert. Ein Rektor, der schon viel länger dabei ist als ich, hat mir versichert, dass ich der erste Bildungsdirektor seit Walter Suter sei, der der Schulpraxis etwas geben konnte. Die Bedeutung der Lehrperson: da sehe ich eine klare Schnittmenge zwischen Bildungsdirektion und LVZ.

Wir haben aber vielleicht auch eine Schnittmenge, was das Reformtempo anbelangt. Vielleicht nicht mit allen von Ihnen, aber die Mitglieder des LVZ sind ja auch nicht einfach eine Kategorie. Wir konnten z. B. die Innovationsschule beerdigen und haben uns für die Einführung des Lehrplans 21 mehr Zeit als alle anderen Kantone genommen.

Und ich kann mir auch vorstellen, dass wir auch hinsichtlich der Reforminhalte mindestens ab und zu eine Schnittmenge haben. Nehmen wir das Thema Beurteilen: Tatsache ist, dass jede Form von Beurteilung Graubereiche und Subjektivität kennt. Es ist ja kein Zufall, dass das Bundesgericht bei Notenstreitigkeiten – ja, sogar solche Sachen gelangen ab und zu ans Bundesgericht – einzig und allein eine Willkürlichkeitsprüfung vornimmt, also ob die Lehrperson eine hervorragende Arbeit willkürlich als stark ungenügende Arbeit bewertet hat. Sie können sich vorstellen, dass dies eigentlich überhaupt nie der Fall ist. Jede Beurteilung kennt also Graubereiche. Jetzt kann man versuchen, diese Graubereiche mit immer ausgefeilteren Zeugnissen und Wortberichten aus der Welt zu schaffen, …um am Schluss dann doch wieder zur Erkenntnis zu gelangen, dass der Graubereich nicht wirklich kleiner geworden ist. Im Gegenteil: Am Schluss diskutieren wir dann im Kantonsrat, wievielmal ein Kind die Hausaufgaben vergessen darf, bis das Arbeitsverhalten bloss noch «befriedigend» ist… Das ist alles schon vorgekommen. Die Mehrheit der Zugerinnen und Zuger wünscht sich ganz einfach Zeugnisse mit Ziffern – und solche Zeugnisse sind zwar beschränkt in ihrer Aussagekraft (wie die Wortberichte auch), aber pädagogisches Teufelszeug sind Noten auch wieder nicht.

Ich glaube deshalb, dass wir auch bei den Reforminhalten durchaus ab und zu eine gewisse Schnittmenge haben. Es gibt Trennendes und es gibt auch Verbindendes. Soviel zur Bildungspolitik aus meiner Sicht.

Jetzt habe ich auf jeden Fall genug gesagt, was wir dann später auch in persönlichen Gesprächen noch vertiefen können und selbstverständlich bin ich auf offen für Ihre Themen und Blickwinkel. Eines möchte ich aber ganz sicher nicht unterlassen, nämlich Ihnen für Ihr Engagement zu danken. Für Ihre Arbeit in den Schulzimmern, aber natürlich auch für Ihr bildungspolitisches Engagement. Eine andere Meinung ist mir nämlich fast immer viel lieber als keine Meinung – und ich bin mir sicher, das geht Ihnen ganz gleich.

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