Heute ist mein erster offizieller Auftritt nach der Wiederwahl — ich hoffe, Sie haben niemand anderen erwartet.
Das TUGIUM ist bekanntlich nicht nur eine wunderschöne Publikation, sondern auch offizielle Forschungs-Berichterstattung verschiedener kantonaler Amtsstellen. Ich darf in diesem Zusammenhang festhalten, dass ich dieses Jahr auch einen kleinen, aber – wie ich meine – nicht ungefährlichen Forschungsbeitrag geleistet habe… ich habe nämlich als Versuchskaninchen für den Einbaum des Museums für Urgeschichte(n) gedient. Die Fahrt war doch wackliger als erwartet, aber zum Glück lief alles gut — es wäre natürlich verheerend gewesen, wenn ich so kurz vor den Wahlen noch ins Wasser gefallen wäre. «Regierungsrat geht baden», ich konnte die Schlagzeile schon förmlich riechen.
Sei es, wie es will: Ich freue mich auf jeden Fall sehr, dass ich heute vor Ihnen stehen darf — und auch der neue und alte Regierungsrat lässt Sie alle ganz herzlich grüssen. Ich überbringe Ihnen auch die Gratulation zum vorliegenden Buch und bedanke mich bei allen, die sich für dieses Werk eingesetzt haben.
Das Grauen des 1. Weltkriegs prägt die historische Debatte aus aktuellem Anlass und ich freue mich natürlich auch sehr auf meinen Nachredner, der uns hundert Jahre nach dem Anfang der «grand guerre» die Situation der Zuger Wehrmänner in diesem Konflikt näherbringen wird.
In diesem Zusammenhang erlaube ich mir, was vielleicht untypisch ist für eine Buchvernissage, einen Hinweis auf ein anderes Buch. Auf eines, das mir sehr am Herzen liegt und auch gut passt: «Die Schweiz ist vielleicht kein zufälliges, ein für allemal abgeschlossenes Ergebnis. Sie weist über sich hinaus. Der eidgenössische Gedanke ist, logisch weitergedacht, eine Lieblingsidee aller guten Europäer» …
Sehr geschätzte Damen und Herren, die Vielfalt nicht als Gefahr, sondern als Chance für den Zusammenhalt. Vielleicht haben Sie das Zitat erkannt, es stammt aus dem grossartigen Roman “Schweizerspiegel” vom Meinrad Inglin, also aus dem Werk, das — am Vorabend zum 2. Weltkrieg geschrieben — die Schweiz im 1. Weltkrieg zum Gegenstand hat. Es handelt von den Spannungen zwischen der französisch- und der deutschsprachigen Schweiz, über das Wüten der spanischen Grippe bis hin zu den sozialen Spannungen, die am Ende des 1. Weltkriegs auch in der Schweiz ausgebrochen sind. Auch die einschneidenden politischen Ereignisse in der Schweiz werden im Buch gespiegelt, von der Generalswahl über die so genannte Obersten-Affäre bis hin zum Rücktritt von Bundesrat Arthur Hoffmann und zum Landesstreik. Der «Schweizerspiegel» ist ein faszinierendes und episches Buch, und der “Schweizerspiegel” ist mir sofort in den Sinn gekommen, als ich vom Schwerpunkt des TUGIUM 2014 gehört habe.
Hannah Arendt hat im Zusammenhang mit dem Totalitarismus etwas in meinen Augen sehr Bedenkenswertes gesagt. Sie hat gesagt, dass das Böse keine Tiefe hat. Tief und radikal sei immer nur das Gute. Und der «Schweizerspiegel» ist eben nicht nur ein episches, sondern tatsächlich auch ein tiefes und radikales Buch, gerade auch vor dem Hintergrund von seiner Entstehungszeit. In diesem Sinne lege ich Ihnen das TUGIUM 2014 mit dem Schwerpunkt 1. Weltkrieg und den Schweizerspiegel gleichermassen ans Herz. Das ist eine Kombi-Lektüre, die sich in meinen Augen ganz sicher lohnt. Und ich wünsche uns allen, dass wir alle auch immer wieder Zeit finden, uns in diesem Sinne zu vertiefen.