Die Schule soll die jungen Menschen zu selbständig handelnden und denkenden Menschen erziehen, die im Dienst an der Gemeinschaft ihre höchste Erfüllung finden. In dieser Klarheit hat das Albert Einstein vor bald achtzig Jahren formuliert. Die Aussage ist zeitlos. In der Aussage stecken Pflicht und Kür. Die Pflicht, am Ende aller Ausbildungen für sich selber sorgen zu können. Und die Kür, über die Selbstverwirklichung hinaus der Gemeinschaft etwas zurückzugeben. Während die Forderung, sich für die Gemeinschaft zu engagieren, gesellschaftlich breit akzeptiert ist und auch allen Politikern leicht über die Lippen geht, sieht es im Bereich der Selbstverantwortung anders aus. Hier scheint es, dass wir uns schon so stark an die Wohlfahrt gewöhnt haben, dass Forderungen nach Selbstverantwortung und Selbstsorge schon fast als Affront aufgefasst werden. Ich sehe das anders. Als Bildungsdirektor stelle ich fest, dass die Schweiz über ein sehr gutes Schulwesen verfügt. Nirgendwo in Westeuropa oder auch in den USA ist die soziale Mobilität — also der Platz in der Gesellschaft unabhängig von der Herkunft — grösser als in der Schweiz. Ich nenne dies den Swiss Dream. Der Swiss Dream lebt und er ist zu grossen Stücken einem Schul- und Bildungswesen geschuldet, das für jede und jeden zahlreiche Chancen bereithält. Diese Chancen verpflichten. Wer das Glück und Privileg hat, dass er seinen Bildungsweg in der Schweiz durchlaufen darf, muss am Ende dieses Bildungswegs auch für sich selber sorgen können. Forderungen nach immer mehr Wohlfahrt für immer breitere Schichten (nehmen wir die Kinderbetreuung für Gutverdienende als Beispiel) sind deshalb eine Absage zu erteilen. Das Privileg des Swiss Dream verpflichtet, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Natürlich gibt es Härtefälle, die aufgefangen werden müssen und können. Der Schweizer Allgemeinfall sieht aber so aus, dass die Gemeinschaft ein hohes Mass an Selbstverantwortung erwarten darf. Nur ein hohes Mass an Selbstverantwortung führt dazu, dass am Ende genügend Mittel für die tatsächlich Bedürftigen zur Verfügung stehen. Mittel, die heute mehr und mehr auch von Personen in Anspruch genommen werden, die durchaus für sich selber sorgen könnten. Wer diese Entwicklung unterstützt, vergisst, dass der Swiss Dream nicht nur ein Versprechen ist. Der Swiss Dream ist auch eine Verpflichtung.

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