Bildung braucht Freiraum und Raum – beides hat hier in Menzingen eine lange Tradition. Diese Tradition findet heute ihre Fortsetzung.

Das Lehrerinnenseminar Bernarda in Menzingen war im 19. und 20. Jahrhundert und bis zu seiner Auflösung die grösste Ausbildungsstätte für angehende Lehrerinnen im Kanton Zug, getragen von der Kongregation der Schwestern vom Heiligen Kreuz. Der Kunst- und Weltoffenheit dieser Schwestern verdanken wir nicht nur Generationen von hervorragenden Lehrerinnen, sondern auch diese architektonische Perle. Der architektonische Pioniergeist der Schwestern machte übrigens nicht einmal vor den Toren des Vatikans Halt, wurde doch hier in Menzingen im Zusammenhang mit dem Neubau Ende der 1950er Jahre zum ersten Mal in der Schweiz ein Altar in der Mitte des Chorraums positioniert – was vom Vatikan im wahrsten Sinne des Wortes zuerst abgesegnet werden musste. Den entsprechenden Brief gibt es meines Wissens noch heute, nämlich im Besitz von Alphons Wiederkehr, dem Sohn eines der damaligen Architekten mit gleichem Namen.

Im Zuge der Tertiarisierung – mit etwas Kulturkampfgeist im Blut muss man hier mit Fug und Recht auch von Profanierung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung sprechen (denn darum ging es auch) –, wurde auch das Lehrerinnenseminar hier in Menzingen abgeschafft. Dass ich diesen Schritt nach wie vor bedaure, spielt am heutigen Tag sicher keine Rolle, aber ich sage das natürlich immer wieder sehr gerne. Wer in den unseligen 1990er-Jahren etwas bewahren wollte – im konkreten Fall nämlich etwas pädagogischen Wettbewerb –, hatte im Nachgang zum EWR-Nein gegen das frustrierte Befürworterlager in sämtlichen politischen Fragen einen sehr schweren Stand. Schade.

Umso mehr freue ich mich, dass ich heute mit der Übergabe der neuen Schulräume auch diesen pädagogischen Wettbewerb etwas aufleben lassen und feiern darf. Dieser Wettbewerb ist ein sehr wichtiger Beitrag des Standorts Menzingen – weit über die zahlenbasierte Mittelschulplanung hinaus. Gleichwertig, aber andersartig: So sollen unsere Zuger Gymnasien sein – die beiden bestehenden und dann das neue in Cham – und damit in einen fruchtbaren pädagogischen Wettstreit treten. Die campus-artige, prächtige Architektur hier am Standort Menzingen soll dazu durchaus einen Beitrag leisten.

Gemessen werden sollen unsere Gymnasien nicht in Vergleichstests oder mit einer Einheitsbrei-Matura, sondern am Erfolg ihrer ehemaligen Schülerinnen und Schüler an den Universitäten und ETHs in diesem Land und auf der ganzen Welt – und am Engagement der ehemaligen Schülerinnen und Schüler für die Gemeinschaft. Ganz im Sinne von Albert Einstein: Selbständig denken und handeln lernen und im Dienst an der Gemeinschaft seine höchste Erfüllung finden  – das soll das Ziel einer guten Schule sein. Die Kantonsschule Menzingen ist auch in dieser Hinsicht sehr erfolgreich unterwegs. Und weil ich weiss, dass die Kantonsschule Menzingen – der liebe Rektor Lüdin und alle seine Lehrerinnen und Lehrer – ihre Freiräume so gut zu nutzen wissen, nämlich nicht zur schnöden Strukturerhaltung, sondern im Sinn und Geist von Höchstleistungen im Hinblick auf die Studierfähigkeit und gesellschaftliche Reife … weil der Freiraum also so gut genutzt wird, bin ich heute mit grosser Begeisterung nach Menzingen gefahren, um diese Räume ihrem Zweck zu übergeben.

Bildung braucht Raum und Freiraum – beides hat hier in Menzingen und im ganzen Kanton Zug eine lange Tradition. Um die Fortsetzung dieser Tradition geht es. Das feiern wir hier an dieser Übergabe: Raum und Freiraum.

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