Staatssekretär Mauro Dell’Ambrogio ist ein bemerkenswerter Mann. Was er sagt und macht, hat Hand und Fuss. Mauro Dell’Ambrogio hat sieben Kinder. Die Zahl allein ist beachtlich, aber noch beachtlicher finde ich die Tatsache, dass fünf seiner sieben Kinder via Lehre ins Berufsleben gestartet sind. Der für Bildung zuständige Staatssekretär preist unsere offenen Bildungswege also nicht nur an, sondern erbringt mit den eigenen Kindern gleich den Tatbeweis.
Ich pflege die Geschichte jeweils zu erzählen, wenn mir wieder einmal die Mär von der chancenungerechten Schweiz aufgetischt wird, nur weil nicht jedes Kind an die Kanti kommt. Auch ich habe ein Bild von Chancengerechtigkeit vor Augen: Gerecht ist, was Chancen schafft. Und genau dies gelingt dem Schweizer Bildungssystem. Es schafft Chancen am Laufmeter. Vor allem schafft es Chancen auf dem Arbeitsmarkt, von denen andere Länder nur träumen können. Etwas Gerechteres kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
70 Prozent der Jugendlichen beginnen eine Lehre
Die Kinder des Staatssekretärs sind freilich nicht die einzigen, die auf eine Berufslehre setzen. Im Kanton Zug beginnen rund 70% der Jugendlichen am Ende der obligatorischen Schulzeit eine Berufslehre. Der Weg in die Berufslehre führt über die Sekundarschulen der Gemeinden. Wir unternehmen viel, um die Sekundarschulen zu stärken. Aufgrund eines umfassenden Tests in der 2. Sek (Stellwerk 8) werden beispielsweise die Grundlagen geschaffen, um in der 3. Sek nochmals ganz gezielt und an die jeweiligen Bildungsziele der Jugendlichen angepasst zu fördern. Auch das Übertrittsverfahren am Ende der Sekundarschule haben wir angepasst und geben den Eltern damit das Versprechen ab, dass ihre Kinder nach der Sek nochmals ganzheitlich und über die Noten hinaus beurteilt werden.
Für den Weg über die Sekundarschule spricht aber insbesondere auch die sorgfältige Berufswahlvorbereitung, welche es in dieser Form eben nur in der Sekundarschule gibt. Gerade diese Tatsache sollte bei der Schulwahl am Ende der Primarstufe stärker beachtet werden. Erstaunlicherweise kommt unsere Berufswahlvorbereitung mit dem Lehrplan 21 unter Druck.
Lehrplan 21 – da gibts viel zu sagen
Zum Lehrplan 21 gibt es eine ganze Menge zu sagen. Ich beschränke mich allerdings auf den Aspekt der Berufswahlvorbereitung. Berufsbildung und Berufswahlvorbereitung sind zwei Seiten derselben Medaille. Auch im Bereich der Berufswahlvorbereitung leistet die Schweiz Vorbildliches. Was wir hier erreicht haben, dürfen wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Der Lehrplan 21 tut das aber. Gerade in der Zentralschweiz sind wir in der Lage, die Jugendlichen auf einem sehr hohen Niveau zu unterstützen und bei der Berufswahl zu begleiten. Wir orientieren die Jugendlichen nicht nur, wir begleiten sie tatsächlich.
Diese Entwicklung wäre für mich ein Rückschritt
Wenn die Berufswahlvorbereitung mit dem Lehrplan 21 kein eigenständiges Fach mit klarer Verantwortlichkeit mehr ist, wird die systematische Berufswahlvorbereitung dem Zufall überlassen. Weiter kommt dazu, dass die im Lehrplan 21 vorgesehenen 39 Berufswahllektionen einer Halbierung gegenüber der heutigen Situation in der Zentralschweiz entsprechen. Eine solche Entwicklung wäre in meinen Augen ein massiver Rückschritt und würde der Berufsbildung richtig schaden. Aus diesem Grund gilt es, auch gegenüber dem Lehrplan 21 Mut zur Lücke zu beweisen. Als Nicht-HarmoS-Kanton sind wir dafür glücklicherweise gut aufgestellt.