(25.1.18, Lehrmittelsymposium der Interkantonalen Lehrmittelzentrale in Zürich)

Sehr geehrte Damen und Herren, immer wenn ich ausserhalb meines Kantons unterwegs bin, muss ich an den ehemaligen englischen Premierminister Harold Macmillan denken. Gegen Ende seiner Zeit als Premierminister häuften sich seine Auslandreisen, was ihm in der Presse prompt heftige Kritik eintrug. Seine ehrliche Antwort darauf lautete: «Ich reise gern. Zu Hause ist man nämlich nur Politiker, im Ausland aber … da ist man Staatsmann.»

Geschätzte Damen und Herren, zuallererst möchte ich mich für die Einladung und für das Engagement vor und hinter den Kulissen für den heutigen Tag ganz herzlich bedanken.

Die Schaffung und Pflege von Rahmenbedingungen ist recht eigentlich die Aufgabe der Politik. Ich werde in meinem Beitrag deshalb zuerst auf zwei politische Rahmenbedingungen oder Voraussetzungen eingehen, die in meinen Augen für das Ergebnis — nämlich gute Bildung — wichtig sind. Im zweiten Teil meines Beitrags komme ich dann auf vier schulische Rahmenbedingungen zu sprechen, die ich ebenfalls als wichtige Voraussetzung erachte — nämlich für eine gute Bildung für alle.

Vorweg aber ein Abschnitt zur guten Bildung selbst: Eine gute Bildung bringt selbständig denkende und handelnde Individuen hervor, welche im Dienst an der Allgemeinheit ihre höchste Erfüllung finden. So hat das Albert Einstein 1936 anlässlich der 300-Jahrfeier der University of the State of New York auf den Punkt gebracht: Zuerst jemand sein, und zwar — so Einstein wörtlich, keine willenlose Ameise oder Biene sein —, sondern jemand sein und für sich selber schauen können, und dann etwas für die Allgemeinheit tun. Ein solcher Bildungsbegriff, mit dem ich mich zutiefst identifizieren kann, geht natürlich und glücklicherweise weit über «wissen, können, wollen» hinaus.

Dass ich heute ausserordentlich gerne hierhergekommen bin, hat wesentlich mit der heutigen Fragestellung, «Was ist gute Bildung?», zu tun. Auch da musste ich sofort an Macmillan denken. Zu Hause muss ich mir diese Frage ja fast selber stellen, wenn ich einmal darauf eine Antwort geben will. Die meisten Personen, die zu mir kommen, sind vor allem darum bemüht, mich davon zu überzeugen, was gute Bildung ist und was nicht. Heute ist es endlich einmal anders. Ich danke Ihnen dafür.

Jedenfalls ist es nicht selbstverständlich, dass man als Bildungspolitiker überhaupt eingeladen wird, auf diese Frage zu antworten. Wir alle kennen solche Forderungen: Die Schule soll bitte nicht «verpolitisiert» werden. Die Politik soll sich aus der Schule raushalten (von der grosszügigen Alimentierung derselben einmal abgesehen). Manchmal kommen solche Forderungen von standespolitischen Organisationen, mal von der operativen Ebene, mal gibt’s ein wissenschaftliches Stirnrunzeln in Richtung Politik, dann kommt die Forderung aber auch immer wieder in Leserkommentaren vor, wenn es um Bildungsthemen geht, und auch — und das finde ich besonders interessant —immer wieder von Politikerinnen und Politikern, welche andere Politikerinnen und Politiker auffordern, sich doch bitte nicht in die Schule einzumischen. Gerade so, als ob es so etwas wie «keine Politik» an einem so öffentlichen Ort wie der öffentlichen Schule überhaupt geben könnte… Der Ruf nach politikfreien Zonen meint denn auch nicht die Forderung nach der Abwesenheit aller Politik, sondern die Abwesenheit einer bestimmten, da unliebsamen Politik.

Gute Lösungen ergeben sich aber nicht «einfach so» oder sind nur auserwählten Kreisen zugänglich. Um gute Lösungen muss gerungen werden und in der Schweiz ist das — Gott sei getrommelt und gepfiffen — ein direktdemokratisches, politisches Ringen. Alles andere hilft der Schule und der guten Bildung auf Dauer nicht. Eine verlässliche Bildungspolitik gibt es nur gegen politische Legitimation. Ich gestatte mir ein Beispiel: Im Kanton Zug haben wir 2006 um die Sprachenfrage gerungen. Der Lehrerverein und die Alternativen/Grünen — interessanterweise nicht meine Partei, die SVP — waren gegen zwei neue Fremdsprachen in der Primarschule bzw. gegen das Modell 3/5. Das Zuger Stimmvolk war aber dafür. Das hat uns im Kanton Zug anschliessend über zehn Jahre Stabilität in der Fremdsprachenfrage gebracht und ich bin recht zuversichtlich, dass diese Stabilität auch jetzt, wenn wieder der eine oder andere Vorstoss zum Thema kommt, weiter Bestand haben wird. Eine gute Bildung — so lautet also meine erste Rahmenbedingung — braucht eine gute politische Debatte.

Damit zur zweiten politischen Rahmenbedingung für die gute Bildung: Das ist für mich der Föderalismus. Wir haben in der Schweiz 26 unterschiedliche Bildungssysteme. Das ist der guten Bildung nicht abträglich, sondern förderlich. Der Föderalismus ist ein wunderbarer Nährboden für Fortschritt und Entwicklung, weil dadurch Wettbewerb entsteht und zugleich die Reichweite von Fehlentwicklungen gehemmt wird. Was sich bewährt, wird übernommen, was nicht, setzt sich nicht durch. Das ist sicher eine idealtypische Darstellung, sie kommt der Wirklichkeit aber sehr oft sehr nah. Die Mobilitätsprobleme, welche immer wieder erfolgreich gegen den Föderalismus im Schulwesen ins Feld geführt werden, werden übrigens stark überbewertet. Das hat wahrscheinlich mit den landauf, landab beklagten fehlenden MINT-Kenntnissen zu tun. Anders kann ich mir das nicht erklären. Fakt ist, dass wir nun den Bildungsartikel im Nacken haben — und je nach Ergebnis der erstmaligen schweizweiten Überprüfung der Grundkompetenzen (ÜGK) kann ich mir sehr gut vorstellen, dass sich der nationale Sog noch verstärkt. Das Bundesparlament ist reich an Vertreterinnen und Vertretern, welche nur zu gerne über die Volksschule diskutieren. Auch im Bereich der allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe II zeichnen sich zentrale Tendenzen ab, auch dort von der EDK hausgemacht. Wohlverstanden: natürlich finde ich die hohe Quote der gymnasialen Maturität in Genf auch ungerecht — aber nicht für die Zuger Schülerinnen und Schüler, sondern für die Genfer Schülerinnen und Schüler. Doch zum Glück bin ich nicht der Hüter meines freundeidgenössischen Bruders und ich bin sicher, man sieht das in Genf ganz ähnlich. Mit der geplanten Auflösung der D-EDK wollen die Deutschschweizer Bildungsdirektorinnen und Bildungsdirektoren für einmal ein gegenteiliges Zeichen zur Zentralisierung setzen; nämlich, dass wir uns nach der Einführung des gemeinsamen Lehrplans wieder stärker auf unsere Kantone konzentrieren wollen. Hoffen wir, dass uns das gelingt. Gute Bildung braucht also Wettbewerb und damit Föderalismus.

Ich komme nun auf vier schulische Rahmenbedingungen zu sprechen. Meine Überlegungen dazu sind nicht ganz taufrisch, aber ich nehme sie heute zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder hervor.

Im Frühling 2015 wurde ich also an eine Veranstaltung mit dem provokativen Titel «Warum wissen nicht alle, dass unsere Schulen gut sind?» eingeladen. Ein Veranstaltungstitel, der bei Harold Macmillan wahrscheinlich umgehend Reiselust ausgelöst hätte. In unserem Fall war der Titel aber durchaus mit einem Augenzwinkern gemeint — jedenfalls vom verantwortlichen Experten und Moderator. Thema war das Image der Schule. Gleich zu Beginn meiner damaligen Ausführungen habe ich eine Geschichte von Johann Peter Hebel erzählt. Nämlich die Geschichte vom Vater, der mit seinem Sohn auf den Markt geht und dort einen Esel kauft. Die Geschichte beginnt auf dem Heimweg. Ich erzähle sie ganz kurz (gute Bildung braucht ja auch gute Geschichten):

Vater und Sohn gehen neben dem Esel her. Der erste Wanderer, der ihnen entgegenkommt, lacht und sagt: Wieso reitet denn keiner auf dem Esel? Da steigt der Sohn auf.
Der zweite Wanderer, der des Wegs kommt, ist entrüstet: Wieso reitet der junge Mann und lässt seinen Vater gehen? Also steigt der Sohn ab und der Vater auf.
Der dritte Mensch, der ihnen begegnet, sieht das wieder völlig anders: Wieso reitet der starke Vater und lässt seinen Sohn neben ihm her gehen? Da steigen Vater und Sohn auf.
Nun, Sie ahnen es, der vierte Wanderer ist ein Tierschützer und schimpft entsprechend: Warum reitet ihr zu zweit auf dem armen Tier?
Da steigen beide ab, hängen den Esel an einen dicken Ast und tragen ihn nach Hause.
Und Hebel schliesst die Geschichte mit dem berühmten Satz: «So weit kann’s kommen, wenn man es allen Leuten will recht machen.»

Geschätzte Damen und Herren, die Fabel von den drei Eseln eignet sich in meinen Augen auch für den bildungspolitischen Beitrag am heutigen Tag, nämlich für die vier schulischen Rahmenbedingungen, auf die ich jetzt eingehen möchte.

Allen Leuten Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann… In der Tat: Seit es die öffentliche Schule gibt, scheiden sich die Geister an ihr. Was die öffentliche Schule tun und lassen soll — war und ist umstritten und wird auch in Zukunft umstritten sein. Aber ganz so einfach will ich es uns nicht machen. Die Volksschule kann und soll es nicht allen recht machen, aber wenn sie eine Volksschule sein will, dann muss sie es dem Volk recht machen — was in einer direkten Demokratie heisst, dass sie es den massgeblichen Kräften recht machen muss. An was könnte also diesem Volk mit Blick auf seine Schule besonders gelegen sein? Ich sehe vier Rahmenbedingungen oder vielleicht noch etwas präziser: Arbeitsfelder. Die Arbeit auf diesen vier Feldern ist in meinen Augen zentral für die Akzeptanz der öffentlichen Schule und damit wesentlich für das, was in einer guten Schule gedeihen soll, nämlich gute Bildung.

Das erste Arbeitsfeld ist die Kritikfähigkeit. Ich glaube, dass sich die öffentliche Schule im Umgang mit Kritik noch verbessern kann und muss. Dabei denke ich durchaus an konstruktive Kritik, wie sie zum Beispiel im Rahmen der internen Evaluation eingeholt wird. Ich denke an konstruktive Kritik, die von konstruktiven Eltern — und das sind die allermeisten — an die Lehrperson herangetragen wird. Die öffentliche Schule hat eine starke und mächtige Stellung den Eltern gegenüber. Umso mehr sind wir den Eltern Kritikfähigkeit schuldig. Dort, wo die Schule gegenüber Kritik taub wird, weil die Kinder ja so oder so jeden Tag vor der Tür stehen, dort schafft sich die öffentliche Schule ab. Kritik braucht auch keine wahnsinnig anspruchsvollen Konzepte und bedarf keiner aufwendigen Methoden. Fragen Sie einmal Ihre Kinder, zu welcher Lehrerin oder zu welchem Lehrer und warum sie ihre eigenen Kinder dereinst gerne zur Schule schicken würden. Sie werden über die differenzierten Antworten erstaunt sein. Ähnliche Fragen kann man übrigens auch Lehrerinnen und Lehrern mit Blick auf die Schulleitungen stellen. Der Schlüssel zur Ausbildung der Kritikfähigkeit ist Menschenbildung auf allen Ebenen. Wer Mühe mit dem Begriff Menschenbildung hat, darf auch von humanistischer Bildung reden. Gerade in der Schule, wo alle Erwachsenen ganz selbstverständlich für sich in Anspruch nehmen, am Mensch zu arbeiten, müssen auch die Erwachsenen bereit sein, an sich zu arbeiten. Das meine ich mit Kritikfähigkeit.

Ich komme zum zweiten Arbeitsfeld, zur Leistungsfähigkeit. Wenn Zweifel an der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Schule aufkommen, dann sind wir an einem sehr schwierigen Punkt angelangt. Eine starke öffentliche Schule ist eine fachlich starke Schule. Was meine ich damit? Wo Leistung nicht mehr gefragt ist, wo Leistung in Frage gestellt oder nach unten nivelliert wird, stimmen die Eltern mit den Füssen ab und stecken ihre Kinder in Schulen, die auf Leistung setzen. Die Hauptaufgabe der Volksschule ist die Vermittlung eines soliden Grundwissens (oder meinetwegen auch Könnens), worauf später aufgebaut werden kann. Am Beherrschen der Kulturtechniken führt kein Weg vorbei — jedenfalls kein Weg, der uns aus der Unmündigkeit führt. Und über diese Leistungsfähigkeit sind wir Rechenschaft schuldig — und es reicht nicht, wenn wir diese Leistungsfähigkeit stets nur behaupten. Wir müssen sie beweisen können. Vielleicht noch ein Wort zu den Inhalten: Mit diesen verhält es sich wie mit einem Teig. Wir können diesen Teig immer breiter auswallen, aber dann werden auch die Guetsli immer dünner. Mit anderen Worten: Die öffentliche Schule tut gut daran, sich inhaltlich nicht zu verzetteln. Auch das ist ein Aspekt der Leistungsfähigkeit.

Damit komme ich zum dritten Arbeitsfeld, zur Verständlichkeit. Viele Eltern und Aussenstehende verstehen die Schule nicht mehr. Das liegt einerseits an einer Fachsprache, die sich dem Zugang von Uneingeweihten mehr und mehr entzieht. Nur schon die wahrscheinlich nicht nur in meinem Kanton verbreitete Unterscheidung zwischen Selbstkompetenz und Lernkompetenz dürfte sich nur einem Bruchteil der Elternschaft erschliessen. Andererseits haben wir in den letzten Jahren auch strukturelle Änderungen vorgenommen, welche für Uneingeweihte immer schwieriger zu verstehen sind. Auch die Tatsache, dass immer mehr Lehrpersonen innerhalb einer Klasse tätig sind, erschwert die Verständlichkeit gegen aussen — und immer öfter auch die Verständigung der Lehrpersonen untereinander notabene. Diesbezüglich warte ich mit einer gewissen Neugier auf die Auswertung des Zürcher Schulversuchs «Fokus Starke Lernbeziehungen». Natürlich ist das alles kein Problem, wenn man alle Broschüren und Reglemente liest, alles auswendig kann und sich tagtäglich mit der Schule beschäftigen will. Aber das machen, können und wollen die Eltern nicht. Eltern haben ein Recht darauf, dass sie die schulische Entwicklung ihrer Kinder mit überschaubarem Aufwand mitverfolgen können. Ein kleines Beispiel aus dem Kanton Zug: In der obligatorischen Schule wird der Klassendurchschnitt heute nicht mehr auf den Prüfungen festgehalten. Die Begründung: Eine Note ist eine Individualnorm und keine Sozialnorm. Schön und gut und für die, die das verstehen, vielleicht sogar erstrebenswert. Aber die Eltern haben mit dem Verzicht auf den Durchschnitt die Möglichkeit verloren, ihre Kinder im Klassenrahmen einzuschätzen. Was bedeutet eine 3,5, wenn die ganze Klasse ungenügend war? Was bedeutet eine 3,5, wenn der Klassenschnitt eine 5 war? Das ganze Leben ist eine Sozialnorm, aber auf der Prüfung darf das nicht mehr vorkommen. Hier hat man — gut gemeint — den Eltern ganz sicher keinen Gefallen getan und die Unverständlichkeit der Schule erhöht. Ich mache ein weiteres Beispiel: Es ist in diesem Zusammenhang auch ein Armutszeugnis, dass wir gegenüber unseren Kritikern nicht schlüssig beweisen können, ob unsere Schülerinnen und Schüler heute besser oder schlechter lesen, schreiben und rechnen können als vor zwanzig Jahren. Ja, wir wissen vielerorts nicht einmal, ob eine 5 in einem Schulzimmer gleich viel wert wie im Schulzimmer nebenan oder eine Gemeinde weiter. Wir können es schon behaupten, aber wir können es nicht beweisen. Wenn die Schule zur Blackbox wird, dann sind Verständnisschwierigkeiten die Folge. Und wenn wir nicht verständlich sind, dann dürfen wir auch nicht erwarten, dass wir verstanden werden.

Ich komme zum letzten Arbeitsfeld: zur Konsensorientierung. Konsens ist kein Schimpfwort. Auch im Bereich der Bildung nicht. Die öffentliche Schule ist immer ein Konsensergebnis. Sie ist keine Privatschule, welche diesbezüglich freier ist. Sie ist eine obligatorische Schule. Gender, Sexkoffer und ideologische Erziehung — vom Verzicht auf Fleischkonsum und Autofahren bis hin zu Fairtrade — das alles sind keine Gegenstände, worüber in einer offenen und freien Gesellschaft ein Konsens erzielt werden kann. Auch bei Schulversuchen ist die gesellschaftliche Zustimmung eng begrenzt. Entsprechend vorsichtig muss die Volksschule mit solchen Themen umgehen. Aus gutem Grund. Es bringt nämlich nichts, wenn wir uns in ideologischen Grabenkämpfen verlieren, wenn es gleichzeitig viele Themen gibt, worüber ein gesellschaftlicher Konsens besteht. Der Konsens beschränkt sich auch nicht nur auf die Kulturtechniken Rechnen, Schreiben, Lesen — aber in den Kernfächern ist der Konsens natürlich besonders hoch. Wenn wir einem Kindergärtler verbieten, ein Fleischsandwich zum Znüni mit in den Kindergarten zu bringen, dann ist das vielleicht ganz im Sinn von Vegetariern, linken Stadträten oder auch grünen, aber für einen bürgerlich freiheitlich denkenden Mensch ist das nur eines: Nämlich ein Übergriff und eine völlig unverhältnismässige Einmischung ins Private. Wer dann noch Zustimmung zu dieser Bevormundung erwartet, täuscht sich. Oder schauen wir es noch von der anderen Seite an, nehmen wir das Thema Hausaufgaben: Die Wissenschaft ist sich weitgehend einig, dass Hausaufgaben in der Primarschule auf einen nur sehr geringen Einfluss auf die Leistungen der Schülerinnen und Schüler haben. Wer daraus den Schluss zieht, Hausaufgaben abschaffen zu können, lässt sich auf einen völlig unnötigen ideologischen Grabenkampf ein. Viel zielführender ist es, wenn ich als Schulleiter direkt darauf Einfluss nehme, dass an meiner Schule nur wenige Hausaufgaben erteilt werden und dass diese wenigen Hausaufgaben dafür tatsächlich selbständig gelöst werden können.

Geschätzte Damen und Herren, ich komme zum Schluss und zu meiner Zusammenfassung… Aus der aktuellen Hirnforschung wissen wir, dass man jede neue Lektion am besten mit einem Rückblick auf die letzte Lektion beginnt. Interessant ist, dass mein ehemaliger Mathematiklehrer an der Kantonsschule, darüber schon vor dreissig Jahren und in Unkenntnis der heutigen Hirnforschung Bescheid wusste. Seine benoteten Befragungen zu Beginn jeder neuen Lektion waren berühmtberüchtigt und in seiner Schülerwahl war er unberechenbar. Die logische Folge davon: Wir passten auf wie die «Häftlimacher» und machten Notizen wie die Generalität von Kim Jong-Un. Immer schön: Definition, Satz und Beweis. Jeder Schritt mit einer anderen Farbe gekennzeichnet. Wunderbar — und natürlich ganz im Sinne der heutigen Hirnforschung. Das wollte ich Ihnen vor meiner Zusammenfassung einfach noch ganz kurz sagen…

Also: Es gibt notwendige bildungspolitische Debatten, die geführt werden müssen. Gute Bildung braucht gute Debatten und keine Abkürzungen am Volk vorbei. Das war mein erster Punkt. Der zweite Punkt war der Föderalismus als Voraussetzung für einen lebendigen Bildungswettbewerb. Dann kam ich auf die Schule zu sprechen: Kritikfähigkeit, Leistungsfähigkeit, Verständlichkeit und Konsensorientierung. Das sind für mich wesentliche Arbeitsfelder der öffentlichen Schule. Auf diesen Feldern müssen wir uns anstrengen, wieder vermehrt anstrengen und auch beweisen; wenn wir wollen, dass das Volk auch in Zukunft eine Volksschule haben will — und stolz ist auf seine Schule.

Wenn wir diesen Weg beharrlich gehen, wird es auch in Zukunft gute Bildung für alle geben. Und dann müssen wir — und jetzt komme ich zurück auf die Geschichte vom Vater und vom Sohn mit dem Esel — … dann müssen wir auch nicht bei jedem Wanderer zusammenzucken, der uns auf diesem Weg entgegenkommt und in Gottes Namen eine andere Meinung hat.

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