(4.11.21, Universität Luzern; Grusswort des Kantons Zug am Dies Academicus)

«Was isch es Sändwitsch ohne Fleisch – s isch nüt als Brot
Was isch es Sändwitsch ohne Brot – s isch nüt als Fleisch
Ersch wenn d mit Fleisch dys Brot beleisch
Ersch wenn d mit Brot umgisch dys Fleisch
Berchunnsch es Sändwitsch: Brot und Fleisch
Lue, dass Du däm geng Rächnig treisch»

Mani Matter hat die Vegi-Krise der Universität Luzern schon vor fast 50 Jahren humoristisch vorweggenommen. Ich kann Sie aber beruhigen: ich bin heute nicht nach Luzern gekommen, um auch noch – Vorsicht, Kalauer! – den Zuger Senf dazuzugeben. Ganz im Gegenteil. Ich bin heute hier, weil auch kurze Wege – und der Weg von Zug nach Luzern ist speziell kurz – gepflegt werden müssen. Und ich freue mich, dass ich in aller Kürze einige Worte an Sie richten darf.

Unter dem Titel «Was will eine liberale Bildungspolitik?» hat der Schweizer-Fernseh-Schreck und heutige Direktor des Liberalen Instituts, Olivier Kessler, einen kurzen und klaren Beitrag zu den Zielen einer liberalen Bildungspolitik verfasst. Ich zitiere: «Wenn immer mehr Leute studieren gehen, explodieren nicht nur die öffentlichen Bildungsausgaben, sondern auch die Opportunitätskosten. Wenn die Akademisierung in allen Bereichen auf Kosten des dualen Bildungssystems voranschreitet und letztlich sogar die Grossmutter einen Bachelor-Abschluss in Erziehungswissenschaften für die Betreuung ihrer Enkelkinder benötigt, hält man die Menschen davon ab, in dieser Zeit produktiveren Tätigkeiten nachzugehen und nimmt somit Wohlstandseinbussen in Kauf». Das ist tatsächlich feiner liberaler Tubak. Und das an einer Universität und noch dazu an ihrem Dies? Gooht’s no?

Sehr geehrte Damen und Herren, natürlich geht es mir am heutigen Tag nicht um Bildungssubventionen oder um Bildungsinflation und auch nicht um die Opportunitätskosten der Akademisierung. Wenn ich Sie am heutigen Tag durchaus mit einem Augenzwinkern etwas provoziere, dann geht es mir im Kern um mehr. Mir geht es um die Universität als Ort von Rede und Gegenrede. Mir geht es darum, dass die Universität ein Ort sein muss, wo Rede und Gegenrede gehegt und gepflegt werden. Wo Rede und Gegenrede mindestens so viel Aufmerksamkeit zuteilwird wie – bspw. dem Klimawandel.

Geschätzte Damen und Herren, es ist mir ernst und es ist kein Gerücht. Rede und Gegenrede sind an vielen Universitäten ganz besonders in den USA, aber auch in Europa unter Druck. Ein Blick auf die Fälle, die das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit für den deutschsprachigen Raum zusammengetragen hat, reicht vollkommen, im englischsprachigen Raum ist alles noch viel schlimmer: Dogmatismus, Intoleranz und Ignoranz zum einen, Selbstzensur, Ausladungen und vorauseilender Gehorsam zum andern.

Sehr geehrte Damen und Herren, kurze Wege sind in Politik und Wirtschaft ein Segen, beim Denken sind sie ein Graus. Ich glaube, dass die Universität Luzern, ich glaube, dass die Zentralschweiz ein guter Ort für Rede und Gegenrede ist. Ganz egal, ob es um das Liedgut von Mani Matter, die liberale Bildungspolitik von Olivier Kessler oder um ganz andere Themen geht. Das möchte ich uns allen am heutigen Dies Academicus in Erinnerung rufen.

Es ist nicht viel, aber es ist alles.

Tragen wir ganz fest Sorge dazu.

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